Register:
Einführung.
Liebe Freunde,
Unser Präsident Agustí Chalaux hat gerade ein neues Dokument
veröffentlicht, um nocheinmal zu wiederholen -in seinem schon klassischen
provokativen Stil- was er uns schon immer sagt. Die Tatsache, dass es heute
materielle Armut gibt -in einem Moment der Anhäufung materieller Güter
dank der modernen Technologie- die Verantwortung dafür tragen wir
alle, aber vor allem die Regierungen unfähig eine revolutionäre
Geldpolitik zu entwickeln.
Es handelt sich dabei darum, die wichtige Rolle zu verstehen, welche
die einfachen Konsumenten -Personen mit einer altruistischen Berufung und
die welche nicht in den produktiven Sektor eintreten wollen oder können-
als unersetzliche Akteure des Marktes haben und dies vor allem in den entwickelten
Gesellschaften.
Agustí Chalaux ruft uns die historischen Wurzeln im neunzehnten
Jahrhundert in Form der Vorschläge von Bismarck und Marx in Erinnerung
und stellt uns die neue Formel vorgeschlagen vom Nobelpreisträger
für Wirtschaft, Maurice Allais, vor. Die Hypothese eines gemeinschaftlichen
Kapitalismus komplementär zum privaten Kapitalismus und in der Lage
ein Mindesteinkommen pro Einwohner zu Gunsten aller einfachen Konsumenten
zu garantieren.
Selbst wenn die Hypothese von Maurice Allais auf den monetarischen Sektor
beschränkt bleibt, so ist sein Gesichtspunkt äusserst suggestiv
und lässt uns die ökonomische Dynamik verstehen, welche in einer
entwickelten Gesellschaft von den einfachen Konsumenten (Vertreter liberaler
Berufe, ausgegrenzte Gruppen, Kranke, alte Menschen und Kinder...) ausgeht,
da diese über den Kleinhandel den Abfluss der Produktionsüberschüsse
begünstigen.
Um es kurz zu fassen: Es ist nicht nötig sich um die Armen mittels
Wohltätigkeitsorganisationen zu kümmern, sondern wir sollten
verstehen, dass sie ein unverzichtbarer Faktor für das gute Funktionieren
einer Volkswirtschaft sind!
In bester Freundschaft
Die Mannschaft des Zentrum Bardina.
(Barcelona, 5 März 2000).
Der Gemeinschaftliche Kapitalismus.
1. Bismarck, Marx und Lasalle.
Mehrere Jahre lang in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts,
verband Bismarck und Marx, vermittelt durch den deutschen Gewerkschafter
Ferdinand Lassalle (1825-1864), ein unregelmässiger Briefkontakt.
Frucht dieses Dialoges und eines Austauschs von pazifistischen Idealen,
ist die volle Freiheit die Bismarck den deutschen Gewerkschaften zugesteht
und die im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, wie Frankreich
oder England, die sogenannte progressistische Regierungen haben, sehr fortschrittlich
ist.
Kurz darauf im Jahr 1885, gründet Bismarck die erste Sozialversicherung
in Europa, so perfekt, dass diese Versicherung noch heute im Elsass und
im Regierungsbezirk Moselle (Lorraine) mit bemerkenswerten Resultaten fortbesteht
und dies sowohl im sanitären Bereich, als auch vom finanziellen Gesichtspunkt
aus betrachtet (mit Quoten, welche von der aktuellen viel zu bürokratisierten
französischen Sozialversicherung nie erreicht wurden).
Sowohl Marx -in seinen ökonomischen Analysen- als auch Bismarck
-mit einer strikten politischen Sichtweise- stimmten in einem Projekt überein,
das als zentralen Punkt die Notwendigkeit erkannte, jeder Person ohne Einkommen
gratis ein Minimaleinkommen zukommen zu lassen, welches ein dezentes Leben
ermöglicht. Tatsächlich ist dies was wir heute als Mindesteinkommen
pro Einwohner (oder basic income per capita) bezeichnen.
2. Das Individuum ohne Einkommen.
Um dieses Problem besser verstehen zu können, müssen wir zuerst
den Begriff Individuum ohne Einkommen definieren.
Es handelt sich dabei vor allem um Personen, die nicht in der Lage sind
innerhalb des produktiven Sektors ein Einkommen zu finden und die damit
zur Rolle des Arbeitslosen verdammt sind.
Aber in einem weiteren Sinne handelt es sich um alle Personen, die nicht
im Produktionssystem sind. Entweder -wie wir eben feststellten- weil es
sich um einen unfreiwilligen Arbeitslosen auf Arbeitssuche handelt, oder
weil die in Betracht kommende Person freiwillig ausserhalb des produktiven
Systems bleibt. In dieser zweiten Hypothese, gibt es einen ersten sehr
klaren und leicht von der Gesellschaft zu aktzeptierenden Fall: nämlich
die altruistische Berufung im Dienste der Gemeinschaft (Mediziner, Pädagogen,
Entwicklungshelfer in der Dritten Welt...). Aber wir müssen hier auch
die Personen einschliessen, die freiwillig wählen ausserhalb des Produktivsystems
zu bleiben und die, trotz allem, das Recht auf eine Lebensunterhaltsunterstützung
haben.
3. Der gemeinschaftliche Kapitalismus.
Als Marx und Bismarck ein Mindesteinkommen für alle Personen ohne
Lohnbezüge vorschlugen, stellten sie fest, dass dieses Projekt unmöglich
ist in einem System, in dem nur der Privatkapitalismus den Reichtum der
Nationen kontrolliert (eine Situation, die der Menschheit seit 4.500 Jahren
aufgezwungen wird).
Als Konsequenz daraus schlugen sie -jeder von seiner Seite aus-, die
Notwendigkeit eines gemeinschaftlichen Kapitalismus als Ergänzung
des Privatkapitalismus, vor. Dies stellte eine autentische Revolution für
die Mentalität des neunzehnten Jahrhunderts dar. Was Bismarck betrifft
-ein sehr populärer Politiker der mit fast diktatorischen Vollmachten
regierte- so führte er diese Revolution nicht ein, da er nicht die
Abdankung des sehr schwachen und mehrschichtigen Wilhelm II provozieren
wollte und es vorzog seinen eigenen Rücktritt einzureichen.
4. Der gemeinschaftliche Kapitalismus, heute.
Der
Wirtschaftsnobelpreisträger Maurice Allais hat erst vor kurzem eine
neue Reflexion über den gemeinschaftlichen Kapitalismus vorgeschlagen
und zwar im Kontext der aktuellen Globalisation der Weltwirtschaft und
der enormen Entwicklung der Telekommunikationstechnik.
Herr Allais hebt an erster Stelle die Unmöglichkeit hervor die
Weltwirtschaft auszubauen, wenn man sich dabei nur auf die privaten Geldinstitute
stützt (Banken, Sparkassen, Versicherungen).
Der Grund dafür ist relativ eindeutig: die privaten Geldinstitute
kontrollieren im Moment etwa 95% der durch das weltweite Produktionssystem
hervorgebrachten Geldmenge, jedoch nur 25-30% der Lohnempfänger sind
solvent und befähigt traditionelle Bankkredite zu erhalten.
Es gibt also konsequenterweise eine enorme Geldmenge die traditionellen
Kreditmethoden zu Folge nicht genutzt werden kann und das Weltwirtschaftssystem
benutzt zur Ableitung dieser Gelder die Waffenindustrie, die Vervielfältigung
der lokalen Kriege und verschiedene Formen der politischen, ökonomischen
und sozialen Korruption.
Nach dieser Analyse schlägt Allais erneut -nach Marx und Bismarck-
die Schaffung eines gemeinschaftlichen Kapitalismus als Ergänzung
des Privatkapitalismus vor. Der originellste Punkt seiner Idee ist die
Festsetzung von Prinzipien, um die notwendigen Fonds für jeden der
beiden Kapitalismen bereitzustellen.
Herr Allais schlägt vor, dass alle Bankkontoinhaber mittels Vertrag
bestimmen, welchen Prozentsatz ihres angelegten Geldes, das Bankinstitut
nach den traditionellen Methoden des Privatkapitalismus verwaltet. Der
Rest der Kontogelder -weiterhin in den privaten Banken angelegt- würde
mit Hilfe der Telekommunikation dem Nationaltresor zur Verfügung gestellt,
damit diese Gelder mittels einer Gemeinschaftsbank zu Gunsten der einfachen
Konsumenten benutzt werden könnten. Für diesen Saldo bezahlt
die Gemeinschaftsbank den Privatbanken einen hohen Zins, den diese wiederum
auf die Kontoeigentümer verteilen sollten (dies würde auch einer
intelligenteren Betrachtung der Banken als Kreditnehmer bei ihren Kunden
begünstigen).
Wenn die der Gemeinschaftsbank zur Verfügung stehende Geldmenge
identifiziert ist, müssen die Verantwortlichen der Bank planen, wie
sie das zur Verfügung stehende Geld an einfache Konsumenten und soziale
Einrichtungen verteilen. Dabei gilt es mit politischer Vorsicht vorzugehen,
um das Gleichgewicht zwischen zur Verfügung stehenden finanziellen
Mitteln und den Produktionsüberschüssen zu wahren.
Die Gemeinschaftsbank sollte dabei jedoch auf keinen Fall die genaue
Buchführung der mit diesen Geldern durchgeführten wirtschaftlichen
Operationen übernehmen, da diese immer im Markt benutzt werden und
dieser schon durch die genaue Buchführung des privaten Sektors kontrolliert
wird.
5. Zusammenfassung.
Mit diesen drei Beispielen -Bismarck, Marx und Allais- wollen wir beweisen,
dass heute alternative Lösungen, wie die Einbeziehung der einfachen
Konsumenten als Marktakteure, zur Verfügung stehen, um die Produktionsüberschüsse
abzuleiten.
Leider wurde diese Möglichkeit von den politischen und wirtschaftlichen
Machtsektoren systematisch vergessen und viel zu oft zogen die Wirtschaftsexperten,
bezahlt vom System die Sicherheit ihrer Löhne im Dienste der öffentlichen
Institutionen, dem Risiko durch revolutionäre Vorschläge (zuweit
entfernt vom durch die aktuelle Weltmacht aufgezwungenen «pensée
unique») ihre Arbeit zu verlieren, vor.
Agustí Chalaux de Subirà.
Präsident vom CEJB.
Barcelona, 14 Februar 2000.
Übersetzung: Christoph Stein.
Ähnliche Links:
Kleine Geschichte des Zahlungsmittels.
Ein Werkzeug, um den Frieden zu errichten.